28. September 2018

"Werte justieren"

Die ersten Schulwochen sind prägend für das restliche Schuljahr. Das betrifft das Lernverhalten, aber auch die Einstellung gegenüber der Schule, den Lehrern und dem Lernen an sich. Eltern können hier durch ihr Vorbild und durch Gespräche mit dem Nachwuchs enorm viel leisten. Wenn sie die Lehrer als niedrige Dienstleister betrachten, deren Entscheidungen sie mithilfe eines Anwalts rechtlich prüfen lassen, werden auch ihre Kinder den Lehrern nicht mit Achtung begegnen. Besser ist es, wenn Eltern und Lehrer an einem Strang ziehen und sich als Kooperationspartner im Dienste der Bildung sehen. Dazu gehört auch ein gewisses Maß an Vertrauen in die Pädagogen.
   Das Problem ist, dass jeder Schule kennt, seine Erfahrungen damit gemacht hat und sich als Experte auf diesem Gebiet fühlt. Eltern müssen aber sehr vorsichtig damit sein, welches Bild sie ihren Kindern von der Schule vermitteln. Der eigene Lausbubenstreich, von dem sie ihren Kindern erzählen, mag zu viel Heiterkeit beitragen, unterhöhlt aber den Respekt vor den Lehrern.
   Eltern sollten ihre Kinder lieber darin unterstützen, der Schule mit Offenheit, Interesse und Neugier zu begegnen. Umgekehrt sollten sich die Lehrer natürlich bemühen, den Schülern ihre natürliche Neugier nicht abzutrainieren. Viel zu häufig arbeiten Lehrer nach dem Prinzip: Wer kann, der darf. Man sollte den Satz aber umdrehen: Wer darf, der kann – und den Schülern ruhig etwas zutrauen. Kinder haben Kompetenzen, die sollten sie auch anwenden dürfen.
Quelle: Magazin „Schule" (4/2018) - Auszüge/Interviewsequenz aus einem Gespräch mit Dr. Rainer Wetzler